Neue Verpflichtungen, alte Abhängigkeiten
Am 30. April veröffentlichte Microsoft eine umfassende Erklärung unter dem Titel Unsere europäischen Cloud-Prinzipien und -Verpflichtungen (Quelle: https://blogs.microsoft.com/on-the-issues/2025/04/30/european-digital-commitments/). Darin verspricht das Unternehmen unter anderem Rechenzentren unter vollständiger europäischer Rechts- und Betriebsaufsicht, eine engere Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden und eine größere Rolle für europäische Partner. Es scheint eine Kursänderung zu sein, aber die Erscheinungen täuschen. Was sich ändert, ist die Verpackung. Der Kern bleibt: Europa vertraut sein digitales Rückgrat einem amerikanischen Unternehmen an, das bestimmt, wie weit seine Transparenz reicht.
„Eine Fassade kann europäisch wirken, solange man das Fundament nicht betrachtet.“
Europäische Aufsicht, US-Rahmen
Microsoft sagt, dass bestimmte Cloud-Dienste innerhalb der EU-Datengrenze vollständig unter europäischer Betriebskontrolle stehen werden. Es klingt nach Souveränität, aber diese Kontrolle wird an lokale Partner ausgelagert, die innerhalb der Verträge, Prozesse und Technologien von Microsoft tätig sind. Rechtlich unterliegen diese Dienste weiterhin der US-Muttergesellschaft und dem US Cloud Act. Es ist ein europäischer Mantel über einem amerikanischen Skelett.
„Nicht beherrschende Aufsicht ist nur Schattenmanagement.“
SURF und Microsoft: Die Tür dreht sich durch
Es ist bemerkenswert, dass Jet de Ranitz, ehemaliger Vorsitzender der SURF, jetzt im Namen von Microsoft handelt. Während ihrer Zeit bei SURF setzte sie sich aktiv für Microsoft-Produkte in der niederländischen Hochschulbildung ein. Jetzt, da sie zum Tech-Giganten selbst gewechselt ist, sind die Interessen auf jeden Fall sichtbar geworden. Transparenz über Lobbyarbeit beginnt dort, wo Doppelhüte abgeworfen werden.
„Die Interessenvertreter müssen sichtbar wählen, wem sie dienen.“
Ist das die Autonomie, die Europa braucht?
Dass Microsoft Schritte in Richtung europäischer Forderungen unternimmt, ist an sich eine Antwort auf den Druck aus Brüssel und ein Beweis dafür, dass kritische Rechtsvorschriften funktionieren. Aber das bedeutet nicht, dass das genug ist. Keine Verpflichtung ändert die Tatsache, dass die Software, die Infrastruktur und die Richtlinienkontrolle in den Händen der USA bleiben. Wirkliche Autonomie erfordert europäische Alternativen: Open Source, Public Cloud Infrastruktur und unabhängige Innovation.
„Wirkliche Autonomie kann nicht dadurch erreicht werden, dass andere Ihre Bedingungen schreiben dürfen.“
Zeit für europäische Entscheidungen
Es ist an der Zeit, dass Europa den Komfort vertrauenswürdiger amerikanischer Akteure auf lange Sicht gegen die digitale Selbstbestimmung eintauscht. Das bedeutet, in Ihre eigenen Plattformen, Talente und Standards zu investieren. Nicht weil Microsoft per se schlecht handelt, sondern weil freiwillige Kompromisse eines ausländischen Marktführers niemals eine nachhaltige Grundlage für die öffentliche Infrastruktur bilden können.
„Wenn Sie Ihre Zukunft gestalten wollen, müssen Sie aufhören, sie auszulagern.“